Bei einem Gespräch vor ein paar Wochen sprudelte er noch vor Ideen, war offen und freundlich wie immer. Nun ist Guobin Shen gerade 40-jährig bei einem Kletterunfall gestorben. Ein tragischer Verlust für die Baukultur im Lande.
1984 in Zhajiang bei Shanghai geboren, kam Shen mit 22 Jahren zum Studium an die Universität Stuttgart. Das Atelier Kaiser Shen gründete er 2017 gemeinsam mit dem Schwaben Florian Kaiser in Stuttgart. Durch das Mikrohofhaus in Ludwigsburg wurde dieses fruchtbare, aus gemeinsamen Studienreisen gespeiste Ost-West-Duo schlagartig bekannt. Erfolge bei Wettbewerben der IBA‘27 Stuttgart, aber auch Direktaufträge folgten: Das Strohballenhaus in Pfaffenhofen (db 10/23) wies in seiner Zurückhaltung und Präzision nachhaltige Wege des Wohnens, wie auch die Flüchtlingsunterkunft in Schönaich und die junge Genossenschaft in Schorndorf mit ihren flexiblen Schwellenräumen.
Guobin Shen wollte die Welt mit Architektur verbessern. Modische Bilder bedeuteten ihm nichts. Er hatte ein Gespür für gemeinschaftstaugliche Typologien. Häuser sollten »unfertig« bleiben, wie die kleine Büromonografie überschrieben war. Das meinte, die Menschen sollten sie weiterweben können. Er selbst kann das nun nicht mehr, aber das Büro will die »Schublade voller Skizzen und Gedanken«, die Shen hinterlässt, eines Tages realisieren.
Christoph Gunßer