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Umbau. Vergessener Klassiker neu herausgegeben

Vergessener Klassiker neu herausgegeben
Umbau

Von der Geschichtsschreibung lange übersehen: Umnutzen, Aufstocken und Anbauen waren schon in der klassischen Moderne relevante Aufgaben. Davon zeugt das erste Standardwerk zum Bauen im Bestand, erschienen 1932, das jetzt neu aufgelegt wurde.

»Dieses wertvolle Buch muss jeder Baugestalter unbedingt in seiner Bücherei haben.« Mit diesen Worten empfahlen unsere Vorgänger bei der db, damals noch Deutsche Bauzeitung, vor rund 90 Jahren eine Neuerscheinung zum Bauen im Bestand. Das Buch kam 1932 in wirtschaftlich schwierigen Zeiten heraus, als für große Neubauvorhaben kaum Geld vorhanden war und stattdessen das Transformieren vorhandener Strukturen eine Renaissance erlebte. Doch obwohl das Agieren im Bestand das Baugeschehen entscheidend prägte, galt es als Randthema der modernen Architektur. Das Buch beleuchtete erstmals umfassend jenes Kapitel des Neuen Bauens, das in den gängigen Narrativen der Moderne kaum vorkam und bis heute kaum vorkommt. Es korrigiert ein einseitiges Bild der 1920er Jahre.

Verfasser waren der Architekt Konstanty Gutschow und der Bauingenieur Hermann Zippel. Sie haben 86 Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum zusammengetragen und dokumentieren mit Plänen und Fotos den jeweiligen Zustand des Gebäudes vor und nach dem Umbau. Die Autoren haben die Projekte nach den häufigsten Bauaufgaben im Bestand geordnet, eine Systematik, die größtenteils noch immer Gültigkeit beanspruchen kann: Aufstockung, seitliche Erweiterung, Vollumbau, Umnutzung (damals als »Zweckveränderung« bezeichnet), etc. Heute vielleicht weniger relevant ist die »Wohnungsteilung«, der ein besonders ausführliches Kapitel gewidmet ist. Die großbürgerlichen Etagen der Kaiserzeit waren nach 1918 nicht mehr zeitgemäß und mit sechs bis acht Zimmern im Unterhalt kaum noch finanzierbar, sodass die Wohnungen sehr häufig in kleinere Einheiten aufgeteilt werden mussten. Diese Bauaufgabe spiegelt den gesellschaftlichen Wandel der Epoche wider, ähnlich wie es heute das Profanieren oder Verkleinern von Kirchenräumen tut. Insofern ist das Buch auch ein wichtiges Zeitdokument.

Unter den vorgestellten Umbau-Architekten finden sich einige Überraschungen, Planer, die v.a. für ihre Neubau-Tätigkeit bekannt waren oder später wurden. Sie entwickelten aber auch im Umbau so relevante Lösungen, dass die beiden Autoren sie in das Buch aufgenommen haben. Die Brüder Luckhardt etwa sind ebenso vertreten wie Erich Mendelsohn, Martin Elsaesser, Otto Haesler oder Otto Ernst Schweizer. Natürlich finden sich daneben auch zahlreiche Projekte von weniger namhaften Planern.

Der Beispielsammlung vorangestellt ist ein Essay von Gutschow, in dem er das Umbauen in einen größeren Kontext einordnet und darauf verweist, dass auch im Maschinen-, Schiffs- oder Flugzeugbau ältere Objekte für geänderte Anforderungen transformiert werden. Auch mit gestalterischen Fragen beschäftigt er sich und fordert beispielsweise einen respektvolleren Umgang mit der Architektur der Gründerzeit – eine Position, mit der er in den Hochzeiten des »Neuen Bauens« noch weitgehend allein auf weiter Flur stand. In einem zweiten einführenden Text erläutert der Ingenieur Zippel spezielle Bautechniken für den Bestand wie Unterfangungen u.ä. So kann der Band tatsächlich als frühes, vielleicht erstes Standardwerk für den Umbau gelten. Er wurde seinerzeit von der Kritik geradezu gefeiert, geriet dann jedoch in Vergessenheit. Markus Jager, Professor an der Universität Hannover, hat es nun nach rund 90 Jahren neu herausgegeben und vor dem Hintergrund der aktuellen Umbaudebatte aus Klimaschutzgründen mit einem eigenen kommentierenden Vorwort versehen. Die Lektüre des gesamten Buches lohnt sich für alle, die sich regelmäßig mit dem An-, Um- und Weiterbauen beschäftigen.

~Christian Schönwetter


Umbau
Fassadenveränderung, Ladeneinbau, Wohnhausumbau, Wohnungsteilung, seitliche Erweiterung, Aufstockung, Zweckveränderung, Planung und Konstruktion
Hrsg: Markus Jager, Autoren: Konstanty Gutschow und Dr. Hermann Zippel
152 Seiten, 22,5 x 29 cm, über 400 Abbildungen, Klappenbroschur mit Fadenheftung, April 2024 (Reprint von 1932), 30 Euro, Dölling und Galitz Verlag

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