Die Einwohner:innen von Upper Edmonton gehören derzeit zu den einkommensschwächsten in England. Im Quartier tut sich jedoch etwas; neben die üblichen Zeichen der Gentrifizierung treten auch Projekte der Nachverdichtung mit erschwinglichem Wohnraum und dringend benötigter sozialer Infrastruktur.
Schließlich kann im ethnisch durchmischten Londoner Norden selbst die integrative Kraft des Fußballs – das Stadion der Tottenham Hotspurs liegt in Hörweite – nicht alles ausgleichen.
Der Stadtrat ließ vier verfallene Garagenreihen, die als krimineller Brennpunkt galten, in 35 erschwingliche Arbeitsräume umwandeln. Hier können Unternehmer:innen im Alter von 18 bis 30 Jahren gemeinsam mit der Wohltätigkeitsorganisation »Launch It« Geschäftsideen entwickeln und auch Zugang zu Schulungen und Unterstützung erhalten.
Dazu wurden alle Garagentore und die asbestbelasteten Dächer entfernt. Die übrige Bausubstanz – Betonbodenplatte, Mauerwerk – blieb vollständig erhalten. Allein ein paar wenige Wände mussten weichen, um Fläche für einen Gemeinschaftsraum zu schaffen.
Das erfinderische Gesamtkonzept holt das Beste aus dem Ort heraus, indem es nicht nur durch die Nutzung des vorhandenen Materials den CO2-Ausstoß minimiert, sondern auch die rigide Struktur nutzt und diese sogar in einer Reihe zweistöckiger Anbauten weiterführt.
Leichte Tonnengewölbe aus Holz bringen jeweils die nötige Raumhöhe und machen jede Garage zu einem individuell vermietbaren Arbeitsbereich. Durch raumbreite Frontverglasungen überblicken die Mieter interne »Straßen«, die für informelle Begegnung und Zusammenarbeit gedacht sind, als gesellige Marktplätze, von transparenten, auf einer effektvollen Holzkonstruktion aufliegenden Polycarbonatplatten vor Regen geschützt.
Der Hauptzugang zur Anlage liegt an einer schwer auffindbaren Stichstraße und lockt Nutzer:innen wie Anwohner:innen auf ungewohnte Wege. Die quer zur Straße hoch aufragenden Tonnen des Gemeinschaftsraums konkurrieren auf angenehme Art mit der Zeltdachkonstruktion einer Freikirche auf dem Nachbargrundstück. Der warme, großzügige Raum selbst ergänzt das Angebot der etwa 300 m entfernten Fore Street Library, die Jan Kattein Architects an der denkbar unattraktiven Hauptstraße 2022 u. a. auch für Kultur- und Gemeinschaftsveranstaltungen eingerichtet haben.
Angel Yard eröffnet wirtschaftliche Möglichkeiten und hilft, mit seinem niederschwelligen Konzept integrative Netze zu knüpfen – positive Auswirkungen auf die lokale Gemeinschaft sind bereits zu sehen und weiterhin zu erwarten.
~Achim Geissinger
Standort: Angel Yard, Snells Park, London N18 2FD
Architektur: Jan Kattein Architects, London
Fertigstellung: April 2023
Bauensemble »Wood’Art« in Toulouse
